Chinesische Kleidung: Hanfu - eine Mode voll geistigem Tiefgang
Wie die zweite Haut den Menschen mit dem Kosmos verbindet
Als Wang Letian, ein Mann aus der Provinz Zhengzhou, im Jahr 2003 seinen Anzug gegen Hanfu-Kleidung tauschte und damit in die Öffentlichkeit spazierte, sorgte er bei seinen Landsleuten für solche Begeisterung, dass sich in kürzester Zeit Fans der alten Bekleidung im Internet zusammenschlossen und eine Hanfu-Bewegung ins Rollen brachten. Immer mehr Chinesen im In- und Ausland interessieren sich nun für die Wiederbelebung des Kulturgutes „Hanfu“. Als Hochzeits- und Feiertagskleidung wird die traditionelle Mode wieder populär, einige Hardliner erproben sogar alltagstaugliche T-Shirt-Varianten.
„Hanfu“ heißt schlicht „Bekleidung des Han-Volkes“. Der Begriff wurde einst von Chinas übrigen Völkern geprägt, um den Bekleidungsstil der größte Ethnie, der Han-Nation, zu bezeichnen.
Schon 2100 v. Chr. begann die Hanfu-Tradition in China, wobei jede Dynastie den Stil der Mode durch die vorherrschende Philosophie und Politik prägte. Mit dem Beginn der Qing-Dynastie im Jahr 1644 übernahmen die Mandschuren die Macht und verboten den Han-Chinesen bei Todesstrafe das Tragen von Hanfu.
Nur noch Mandschu-Kleidung war erlaubt. Die heutzutage als typisch chinesisch angesehenen Qipaos, die mit Stehkragen und Knebelknöpfchen die Welt eroberten, sind also ein modernes Relikt des mandschurischen Modediktats und durchaus nicht chinesisch. Da das Ende der Qing-Dynastie mit der Modernisierung und Verwestlichung Chinas zusammenfiel, dauerte es lange bis zur Wiederentdeckung des Hanfu, der bis dato nur in Opern und Historienfilmen getragen wurde oder als daoistisches Priesterornat überlebt hatte.
Das „Dao“ gibt die Inspiration ...
Was die alte chinesischen Kleidung so faszinierend macht, ist nicht nur ihre oberflächliche Schönheit. Diese kommt erst zum Tragen durch die vielen Bedeutungen, die ihr innewohnen.
Laotse formulierte als Erster den wesentlichen Grundgedanken der chinesischen Kultur, dass Himmel und Mensch eine Einheit bilden. Das Dao und die Natur sind für ihn die Quelle der geistigen Werte der Menschen:
人法地,地法天,天法道,道法自然
Menschen folgen der Erde, die Erde folgt dem Himmel, der Himmel folgt dem Dao, das Dao folgt der Natur
Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, ist es nur logisch, dass sich die Kleidung als zweite Haut des Menschen besonders gut eignet, um geistige Inhalte auszudrücken.
Das älteste Dokument über Handwerkskunst „Riten der Zhou-Dynastie - Handbuch der Technik“ (《周礼.考工记》) (11. Jahrhundert v. Ch. bis 221 Jahre v. Ch.) erklärt den Zusammenhang zwischen kosmischer Gesetzmäßigkeit und menschlichem Wirken wie folgt: „Der Himmel hat seine Zeit, die Erde ihre Qi-Energie und jede Materie ihre eigene Schönheit. Der Handwerker hat die Fingerfertigkeit. Wenn sich diese vier verbinden, können Dinge von hoher Qualität erschaffen werden.“
Vereinfacht gesagt: Nur wer den Naturgesetzen (der „himmlischen Zeit“) entspricht, die Eigenarten des Materials respektiert und es mit feinster Technik bearbeitet, kann Hochwertiges erschaffen.
Die Tugenden der Männer im „Shenyi“
In der klassischen Männerkleidung der Ming Dynastie (1368-1644), dem Shenyi, ist diese Philosophie exemplarisch zu finden: Das Gewand umhüllt den Körper großzügig und zeigt damit die Großzügigkeit und Gerechtigkeit seines Trägers. Durch die nach außen verbreiterten Ärmel wird dieser Effekt noch verstärkt. Die Kanten des Gewandes sind an Kragen und Ärmeln stets mit andersfarbigem Stoff abgesetzt.
Dass der Kragen überkreuzt getragen wird, indem die linke Vorderseite die rechte überlappt, hat folgende Bedeutung: Links ist mit Yang, dem männlichen, starken und nach außen gewandtem Prinzip assoziiert, Rechts ist Yin, die weibliche, schwache, verinnerlichte Seite, deshalb wird sie von Yang bedeckt.
In der Mitte des Rückens, genau an der Stelle der Wirbelsäule verlaufend, hat das Shenyi eine Naht, die sich von oben bis unten durchzieht. Das bedeutet „Aufrichtigkeit“ und dass der Mensch immer in der inneren Mitte bleiben muss. Der Gürtel in der Mitte steht für „Ausgleich“ und die beiden Kordelenden, die von ihm herabhängen, pendeln gegenläufig und ausgleichend, wenn der Träger läuft oder sich bewegt.
Das Oberteil ist aus vier Stoffstücken geschnitten, die die vier Jahreszeiten symbolisieren, das Unterteil hat zwölf Teile, die für die zwölf Monate stehen. Dieser Schnitt durfte auf keinen Fall geändert werden, was zeigt, welch großer Wert auf seinen tieferen Inhalt gelegt wurde.
Der Mensch soll eben daran erinnert werden, dass sein Leben in den größeren Lebenskontext der Natur eingebettet ist, und dass er mit den himmlischen Regeln und den Jahreszeiten in Harmonie leben soll.
Ein Tuch wie runder Himmel und quadratische Erde
Ähnliche Symbolik hatte ein Schultertuch, das in der ausgehenden Sui-Dynastie (581-618) als Accessoire diente: Dieses Tuch war kreisförmig zugeschnitten und durch einen quadratischen Halsausschnitt in der Mitte steckte man den Kopf, sodass es wie ein kleines Cape Hals und Schultern bedeckte.
Die runde Form außen stand für den Himmel, die quadratische Öffnung für die Erde. Das leitet sich von dem Grundgedanken der alten Chinesen über den Zusammenhang zwischen Himmel und Erde ab ─ 天圓地方, der Himmel ist rund und die Erde ist quadratisch, welches bedeutet, dass das himmlische Gesetz die Harmonie und das irdische Gesetz die Gerechtigkeit sei. Das Tuch selbst war mit Blumen und Früchten der vier Jahreszeiten bestickt, am Rand war es mit grünen Fransen verziert, die an Gras oder Bäume erinnerten. Also ist das Tuch wie die Natur, in deren Mitte der Mensch steckt, die Menschen sind also immer mit der Natur vereint.
Die technischen Eigenarten des Hanfu
Charakteristisch ist der flächige Schnitt des Hanfu, bei dem die Ärmel stets mit dem Rumpf ein Teil bilden, sowie der genannte diagonale Verschluss. Es gab auch parallele Kragenführung oder runde Halsausschnitte. Im Gegensatz zur westlichen Mode, die die Formen des Körpers betonte und dazu komplizierte Schnitte entwickelte, hat Hanfu die simpelsten Mittel zur höchsten Eleganz und Pragmatik entwickelt. Die Bekleidung umhüllt den Körper eher locker und durch die starke vertikale Linie und Betonung der natürlichen Taille schmeichelt sie der Gestalt auf selbstverständliche Art und Weise.
Durch den flächigen Zuschnitt und Verzicht auf überflüssige Nähte wird der Stoff optimal genutzt. Da beinah alle Bekleidungsteile gewickelt angelegt werden, ist man in der Größe flexibel. Röcke und Hemden werden mit kleinen Schnürchen an den Innenseiten festgebunden und mit einem breiten Taillengürtel wird das gesamte Outfit in Form gehalten.
Die Säume an Ärmeln, Kragen und Röcken sind oft mit großen Borten verbrämt, ein Detail, das je nach Stand des Trägers ausgestaltet sein konnte.
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Wie die zweite Haut den Menschen mit dem Kosmos verbindet
Als Wang Letian, ein Mann aus der Provinz Zhengzhou, im Jahr 2003 seinen Anzug gegen Hanfu-Kleidung tauschte und damit in die Öffentlichkeit spazierte, sorgte er bei seinen Landsleuten für solche Begeisterung, dass sich in kürzester Zeit Fans der alten Bekleidung im Internet zusammenschlossen und eine Hanfu-Bewegung ins Rollen brachten. Immer mehr Chinesen im In- und Ausland interessieren sich nun für die Wiederbelebung des Kulturgutes „Hanfu“. Als Hochzeits- und Feiertagskleidung wird die traditionelle Mode wieder populär, einige Hardliner erproben sogar alltagstaugliche T-Shirt-Varianten.
„Hanfu“ heißt schlicht „Bekleidung des Han-Volkes“. Der Begriff wurde einst von Chinas übrigen Völkern geprägt, um den Bekleidungsstil der größte Ethnie, der Han-Nation, zu bezeichnen.
Schon 2100 v. Chr. begann die Hanfu-Tradition in China, wobei jede Dynastie den Stil der Mode durch die vorherrschende Philosophie und Politik prägte. Mit dem Beginn der Qing-Dynastie im Jahr 1644 übernahmen die Mandschuren die Macht und verboten den Han-Chinesen bei Todesstrafe das Tragen von Hanfu.
Nur noch Mandschu-Kleidung war erlaubt. Die heutzutage als typisch chinesisch angesehenen Qipaos, die mit Stehkragen und Knebelknöpfchen die Welt eroberten, sind also ein modernes Relikt des mandschurischen Modediktats und durchaus nicht chinesisch. Da das Ende der Qing-Dynastie mit der Modernisierung und Verwestlichung Chinas zusammenfiel, dauerte es lange bis zur Wiederentdeckung des Hanfu, der bis dato nur in Opern und Historienfilmen getragen wurde oder als daoistisches Priesterornat überlebt hatte.
Das „Dao“ gibt die Inspiration ...
Was die alte chinesischen Kleidung so faszinierend macht, ist nicht nur ihre oberflächliche Schönheit. Diese kommt erst zum Tragen durch die vielen Bedeutungen, die ihr innewohnen.
Laotse formulierte als Erster den wesentlichen Grundgedanken der chinesischen Kultur, dass Himmel und Mensch eine Einheit bilden. Das Dao und die Natur sind für ihn die Quelle der geistigen Werte der Menschen:
人法地,地法天,天法道,道法自然
Menschen folgen der Erde, die Erde folgt dem Himmel, der Himmel folgt dem Dao, das Dao folgt der Natur
Wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, ist es nur logisch, dass sich die Kleidung als zweite Haut des Menschen besonders gut eignet, um geistige Inhalte auszudrücken.
Das älteste Dokument über Handwerkskunst „Riten der Zhou-Dynastie - Handbuch der Technik“ (《周礼.考工记》) (11. Jahrhundert v. Ch. bis 221 Jahre v. Ch.) erklärt den Zusammenhang zwischen kosmischer Gesetzmäßigkeit und menschlichem Wirken wie folgt: „Der Himmel hat seine Zeit, die Erde ihre Qi-Energie und jede Materie ihre eigene Schönheit. Der Handwerker hat die Fingerfertigkeit. Wenn sich diese vier verbinden, können Dinge von hoher Qualität erschaffen werden.“
Vereinfacht gesagt: Nur wer den Naturgesetzen (der „himmlischen Zeit“) entspricht, die Eigenarten des Materials respektiert und es mit feinster Technik bearbeitet, kann Hochwertiges erschaffen.
Die Tugenden der Männer im „Shenyi“
In der klassischen Männerkleidung der Ming Dynastie (1368-1644), dem Shenyi, ist diese Philosophie exemplarisch zu finden: Das Gewand umhüllt den Körper großzügig und zeigt damit die Großzügigkeit und Gerechtigkeit seines Trägers. Durch die nach außen verbreiterten Ärmel wird dieser Effekt noch verstärkt. Die Kanten des Gewandes sind an Kragen und Ärmeln stets mit andersfarbigem Stoff abgesetzt.
Dass der Kragen überkreuzt getragen wird, indem die linke Vorderseite die rechte überlappt, hat folgende Bedeutung: Links ist mit Yang, dem männlichen, starken und nach außen gewandtem Prinzip assoziiert, Rechts ist Yin, die weibliche, schwache, verinnerlichte Seite, deshalb wird sie von Yang bedeckt.
In der Mitte des Rückens, genau an der Stelle der Wirbelsäule verlaufend, hat das Shenyi eine Naht, die sich von oben bis unten durchzieht. Das bedeutet „Aufrichtigkeit“ und dass der Mensch immer in der inneren Mitte bleiben muss.
Der Gürtel in der Mitte steht für „Ausgleich“ und die beiden Kordelenden, die von ihm herabhängen, pendeln gegenläufig und ausgleichend, wenn der Träger läuft oder sich bewegt.
Das Oberteil ist aus vier Stoffstücken geschnitten, die die vier Jahreszeiten symbolisieren, das Unterteil hat zwölf Teile, die für die zwölf Monate stehen. Dieser Schnitt durfte auf keinen Fall geändert werden, was zeigt, welch großer Wert auf seinen tieferen Inhalt gelegt wurde.
Der Mensch soll eben daran erinnert werden, dass sein Leben in den größeren Lebenskontext der Natur eingebettet ist, und dass er mit den himmlischen Regeln und den Jahreszeiten in Harmonie leben soll.
Ein Tuch wie runder Himmel und quadratische Erde
Ähnliche Symbolik hatte ein Schultertuch, das in der ausgehenden Sui-Dynastie (581-618) als Accessoire diente: Dieses Tuch war kreisförmig zugeschnitten und durch einen quadratischen Halsausschnitt in der Mitte steckte man den Kopf, sodass es wie ein kleines Cape Hals und Schultern bedeckte.
Die runde Form außen stand für den Himmel, die quadratische Öffnung für die Erde. Das leitet sich von dem Grundgedanken der alten Chinesen über den Zusammenhang zwischen Himmel und Erde ab ─ 天圓地方, der Himmel ist rund und die Erde ist quadratisch, welches bedeutet, dass das himmlische Gesetz die Harmonie und das irdische Gesetz die Gerechtigkeit sei. Das Tuch selbst war mit Blumen und Früchten der vier Jahreszeiten bestickt, am Rand war es mit grünen Fransen verziert, die an Gras oder Bäume erinnerten. Also ist das Tuch wie die Natur, in deren Mitte der Mensch steckt, die Menschen sind also immer mit der Natur vereint.
Die technischen Eigenarten des Hanfu
Charakteristisch ist der flächige Schnitt des Hanfu, bei dem die Ärmel stets mit dem Rumpf ein Teil bilden, sowie der genannte diagonale Verschluss. Es gab auch parallele Kragenführung oder runde Halsausschnitte. Im Gegensatz zur westlichen Mode, die die Formen des Körpers betonte und dazu komplizierte Schnitte entwickelte, hat Hanfu die simpelsten Mittel zur höchsten Eleganz und Pragmatik entwickelt. Die Bekleidung umhüllt den Körper eher locker und durch die starke vertikale Linie und Betonung der natürlichen Taille schmeichelt sie der Gestalt auf selbstverständliche Art und Weise.
Durch den flächigen Zuschnitt und Verzicht auf überflüssige Nähte wird der Stoff optimal genutzt. Da beinah alle Bekleidungsteile gewickelt angelegt werden, ist man in der Größe flexibel. Röcke und Hemden werden mit kleinen Schnürchen an den Innenseiten festgebunden und mit einem breiten Taillengürtel wird das gesamte Outfit in Form gehalten.
Die Säume an Ärmeln, Kragen und Röcken sind oft mit großen Borten verbrämt, ein Detail, das je nach Stand des Trägers ausgestaltet sein konnte.
Text: Fu Haosi / The Epoch Times
Fotos: Dai Bing / The Epoch Times
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